Unser kleiner Sieg gegen die Korruption

Wiedereinmal stand eine Grenzüberquerung vor uns, sollte langsam kein Problem mehr sein. Die Ausreise aus Liberia war gemütlich, wir wurden sogar mit der Musik des Immigration-Officers “verwöhnt”, als dieser seiner Arbeit nachging. Als Nächstes wurden unsere Pässe auf der Elfenbeinküste-Seite eingestempelt, unsere Reisepläne notiert und unser Impfpass kontrolliert. Der letzte und schwierigste Schritt war wie immer der Import unserer Fahrzeuge. Leon und Ruth hatten mit ihrem Carnet keine Probleme, bei Jim und mir war es natürlich anders. Leider konnten die nötigen Papiere an dieser Grenze nicht ausgestellt werden – weder Strom noch Computer waren vorhanden. Die Papiere konnten erst in Man, gute 80km von der Grenze entfernt, ausgehändigt werden. Jedoch benötigten wir eine Eskorte für diese Strecke legal zu bewältigen, da unsere Fahrzeuge theoretisch noch nicht offiziell importiert wurden.

Schnell wurde uns bewusst, dass man versuchte uns Geld abzuluchsen. Ich als einziger einigermassen der französischen Sprache mächtig, fand mich zwischen Hammer und Amboss wieder. Wir wussten schon im Vornherein, dass der Preis für die Eskorte exorbitant sein würde und verweigerten das Bezahlen dieser Eskorte schon von Afang an. Ich drohte die Antikorruptions-Behörde anzurufen, da ich schon wusste, dass diese Eskorte eigentlich gratis zur Verfügung gestellt werden sollte. Schnell hatte ich meine Lektion gelernt: Konfrontiere niemals einen afrikanischen Beamten mit der offensichtlich vorherrschenden Korruption! Die Stimmung kippte vollkommen, ich wurde als Rassist beschimpft und jegliche Verhandlungen wurden abgebrochen. Nach guten 5h Warten, konnte ich doch noch die Eskorte in Anspruch nehmen. Jedoch nicht mehr an diesem Tag, sondern am nächsten, das Büro in Man war natürlich schon geschlossen. Unsere Fahrzeugdokumente wurden eingesackt und unsere Autos auf der anderen Seite der Barriere parkiert, bevor wir in ein nahegelegenes Hotel eincheckten.

Auch Blanco sass mit uns in der Patsche

Am nächsten Morgen trafen wir am abgemachten Zeitpunkt an der Grenze ein, um mit der Eskorte loszudüsen. Die Beamten wollten ihre Dominanz vorführen und liessen uns warten. Nach kurzem Warten, platzten unsere Krägen, und wir fassten den Plan, selbst ohne Eskorte nach Man zu fahren. Aber sie sassen doch auf unseren Dokumenten? Nein nicht ganz, wir hatten nicht unseren Originale abgegeben, sondern nur lamienierte Kopien. Nicht ganz wasserdicht, aber die Idee kam uns gut vor. Sobald wir die Motoren starteten, tauchten die Beamten aus dem Nichts auf und fingen an uns anzuschreien. Naja, für Verhandlungen war es zu spät und wir drückten aufs Gas. Wie im Film röhrten wir über Stock und Stein, ein Motorrad mit zwei Zollbeamten an unsere Fersen geheftet. Leon konnte unsere Verfolger mit Leichtigkeit ausbremsen und uns ein wenig Zeit verschaffen. Nach 50km und zwei Checkpoints war jedoch aus die Maus. Unsere Fahrzeuge wurden beschlagnahmt und wir fanden uns im Verhörzimmer wieder.

Unsere Idee war im Anblick der schäumenden Beamten auf einmal nicht mehr so gut. Protokolle wurden geschrieben, das Telefon klingelte ununterbrochen. Uns wurde illegale Überquerung der Grenze und illegaler Import zweier Fahrzeuge vorgeworfen. Man empfohl uns einen Anwalt beizuziehen und unsere Botschaften einzuschalten. Wir schwitzten Blut und zu allem sass die Kollegin, die mich besuchte, ebenfalls fest. Wir funkten alle Kontakte an und telefonierten stundenlang mit unseren Botschaften. Tag für Tag sassen wir im Zollgebäude, diskutierten, verhandelten, doch nichts bewegte sich. Alles schien offiziell und ich war kurz davor alles hinzuwerfen. Doch nach etwa vier Tagen erhielten wir einen Anruf einer Freundin eines Freundes, die uns Mut machte: “Everything is bullshit, don’t believe them!”. Dieser Anruf brachte uns wieder auf Kurs und wir schalteten die Polizei ein, diese hörte sich äusserst positiv an. Es wurde uns versichert wir befanden uns im Recht und der befehlshabende Offizier des Zolls sollte auf dem Revier antanzen.

“Protokoll” unseres Verhörs

Nach weiterem Warten wurden unsere Hoffnungen ein weiteres Mal zerschmettert und wir standen wieder am Anfang: Die Polizei hatte zu wenig Einfluss und der Zoll verweigerte die Kooperation. Wieder sahen wir uns geschlagen. Ein letztes Mal versuchten wir einen Plan auszuarbeiten, der uns aus diesem Schlammassel befördern sollte. Und siehe da, unsere grauen Zellen waren noch zu etwas fähig. Da wir wussten, dass eigentlich gar keine Anzeige erstattet wurde (wir waren ja bei der Polizei), war noch gar Nichts offiziell und es wurde uns nur Angst gemacht um eine grössere Bestechung heraus zu schlagen. Somit fuhren wir mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Man ins Hauptquartier, riefen die schweizer Botschaft an, zwei Minuten später rief die Botschaft den Zollchef in Man an, wir bekamen alle offiziellen Dokumente und machten uns auf den Heimweg.

Am nächsten Tag schlenderten wir gemütlich ins Büro des lokalen Zolls, und fragten höflich nach unseren Schlüsseln. Mit den offiziellen Dokumenten löste sich die rechtliche Grundlage für die Beschlagnahmung in Luft auf. Die Augen der korrupten Beamten fielen uns fast vor die Füsse und wir konnten uns unser Grinsen nicht mehr verkneifen. Innerhalb weniger Minuten hatten wir unsere Fahrzeuge zurück und konnten unsere Reise endlich fortsetzen. Es blieb ihnen nicht Mal mehr Zeit um sich irgendwelche Kosten auszudenken. Wir hatten gewonnen!

Natürlich fragt sich einer, warum die ganze Aufregung? Zahl doch die 50.- für die Eskorte und spar dir die Woche Kampf im Verhörzimmer. Erstens entschliesst man sich entweder für oder gegen Korruption, wir entschlossen uns für letzteres. Einheimische leiden noch mehr unter Korruption als wir weisse Touristen, jedoch können wir uns dagegen wehren. Man soll schliesslich seinen Prinzipien treu bleiben. Zweitens wurde es irgendwann persönlich und wir wollten diesen Zollbeamten eine Lektion erteilen. Und drittens werde ich diese Geschichte bis ans Ende meiner Tage erzählen.

One comment on “Unser kleiner Sieg gegen die Korruption

  1. Du hasst völlig recht. Manchmahl muss man durchahlten und geht es nicht mehr um Geld. Aber ich habe öfter gedacht dass ich nach Afrika reissen muss um meinen Sohn Jim ins Gefächnis zu besuchen. Danke fur die spannende Geschichte.

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