Aller Anfang ist schwer?

Hab ich auch immer gedacht, Marokko machte den Anfang jedoch ziemlich einfach. Die ersten Wochen liefen wie am Schnürchen. Ich erkundete das Rif-Gebirge und durchquerte Teile des Atlas nachdem ich die historische Stadt Fès besuchte. Ich kam zum ersten Mal in Kontakt mit der arabischen Kultur und ich war überwältigt von der Gastfreundlichkeit der Einheimischen. Die grüne Berglandschaft erinnerte mich an Zuhause und ich musste vor lautem Staunen darauf achten meinen Mund von Zeit zu Zeit zu schliessen, um nicht allzu viel Sand zu schlucken.

Berge, grüne Wiesen und ein übergrosser Ameisenhügel

In Nador angekommen machte ich mich umgehend auf, der Küste zu folgen und das erste mal mein Camp in Marokko aufzuschlagen. Von der Küste kletterte mein Auto durch die grüne Berglandschaft, vorbei an saftigen Wiesen und Zedernwäldern. Die Landschaft erinnerte mich stark an zu Hause und besänftige mein anfängliches Heimweh teilweise. Als erstes Ziel hatte ich mir die Stadt Chefchaouen ausgesucht, die mit ihrer blauen Allstadt schon auf dem Radar vieler Touristen aufgetaucht war. Die Stadt war auf jeden Fall einen Besuch wert, jedoch konnte ich mich mit Touristen überfüllten Gässchen nicht wirklich anfreunden. Früher als geplant verliess ich die Stadt und machte ich mich nach Fès.

Die blaue Medine Chefchaouens

Fès besitzt eine der ältesten Altstädte Afrikas. Die Medina ist etwa 1200 Jahre alt und das war ihr auch anzusehen. Das Alter der Pflastersteine, Türen und Hauswände konnte man regelrecht spüren. Strassen waren nicht vorhanden und nur Handkarren und Esel fanden Platz um in den engen Gässchen Waren zu transportieren. Einige Gässchen waren so eng dass man nur seitwärts gehen konnte oder man musste sich bücken, da auch der Platz über den Gassen nicht verschwendet wurde. Überall herrschte ein geschäftiges Treiben und jeder freie Platz wurde von Marktständen in Beschlag genommen. Als Landei fühlte ich mich zu Gast in einem übergrossen Ameisenhügel. Fès werde ich so schnell nicht mehr vergessen.

Geschäftiges Treiben in den Gassen der Altstadt

Ferien im Berberzelt

Im Atlas suchte ich mir eine schöne Strecke und als Ziel ein kleiner Bergsee, an dem ich campieren wollte. Auf dem Weg dorthin wurde ich immer wieder von lächelnden Berbern von weitem gegrüsst, Kinder spurteten an die Strasse um mir beim vorbeifahren zu zuwinken. Nachdem ich am See angekommen war, genoss ich gerade die Abendsonne, als zwei Männer auf einem Motorrad angerollt kamen. “Wollen Sie hier übernachten?” wurde ich gefragt, “Das geht leider nicht, nach dem Terroranschlag auf zwei Touristinnen erlaubt die Polizei das Übernachten ausserhalb von Dörfer nicht mehr”. Mist, muss das sein? War doch so schön hier. “Aber wenn du willst kannst du bei uns vor dem Zelt übernachten”. Nach kurzem Überlegen nahm ich die Einladung an. Was kann schon schief gehen?

kleiner Ausschnitt der wunderschönen Landschaft

Die zwei Männer stellten sich als Vater und Sohn heraus. Ihr Zuhause lag nur einige hundert Meter auf der anderen Seite des Sees, am Rande des kleinen Bergdorfes. Am Zelt angekommen wurde ich schon zum ersten Mal zum Essen und Tee eingeladen. Ihr einfaches Heim bestand aus einem Zelt mit einem Wohnraum und Schlafraum, ein kleiner Ofen und einem kleinen Röhrenfernseher. Draussen gackerten Hühner und ein Esel kaute gemächlich auf einigen Grashalmen. Ich wurde wie ein König behandelt. “Iss, iss!” wurde ich immer wieder aufgefordert, ich stand kurz vor dem Platzen. Wie kann man nur so Gastfreundlich sein?

Am Abend folgte ich dem Sohn auf eine einigermasse ebene Fläche am See, wo die Jungen des Dorfes lärmend Fussball spielten. Natürlich beteiligte ich mich am Match, musste jedoch darauf achten den Steinen auf dem Fussballplatz auszuweichen. Am nächsten Morgen spazierte ich noch durch die Zedernwälder und beobachtete Berbermakaken. “Komm, bleib doch noch ein Tag”. Es war schwierig diese Bitte auszuschlagen und verbrachte noch zwei Tage in ihrem Zuhause. Ich fühlte mich wirklich in ihrer Famile aufgenommen und lernte vieles über die Berberkultur, die Abwesenheit von fliessend Wasser oder Toiletten trübten keineswegs meinen Aufenthalt. Beim Abschied wurde ich herzlich in die Arme geschlossen und Telefonnummern wurden ausgetauscht.

Der Aufenthalt bei dieser gutherzigen Familie stellte sich als eine der Höhepunkte meiner Marokko-Reise heraus, mir wird heute noch warm ums Herz wenn ich an die freundlichen Gesichter zurückdenke.

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